Letztes Jahr wollte ich ein regionales Arbeitsmarktprojekt zum Verbleib und zur Aufnahme von Absolvent*innen der Kultur- und Geisteswissenschaften starten (Link). Dabei stolperte ich über meine Fehlannahme, neben dem M.Edu. sei der M.A. der Regelabschluss. Ich hatte nicht damit gerechnet, wie wenige B.A.-Absolvent*innen ihr Studium in einem geisteswissenschaftlichen M.A. fortsetzen. Und so treibt mich seither die Frage um, was diese Bachelors of Art denn anschließend konkret tun und wie ihr Einstieg gelingt. Mich interessiert – neben dem Wunsch, dass diese Absolvent*innen ein zufriedenes Berufsleben gestalten können –, ob sich eine neue „geistes-/kulturwissenschaftlliche“ Arbeitskultur herausbildet, mit eigenen Angeboten, einer eigenen Interpretation von kulturwissenschaftlicher Praxis, vielleicht etwas „fachhochschuliger“ als bisher. Ich habe dafür noch keinen passenden Begriff gefunden.

Heute also nutzte ich eine freie halbe Stunde und suchte in professionellen Netzwerken nach Absolvent*innen, die einen BA, aber keinen MA absolviert haben und aktuell berufstätig sind. Als Fächer entschied ich mich für Geschichte, Germanistik, Kunstgeschichte und Ethnologie, um es für heute etwas einzugrenzen. Regional legte ich mich nicht fest. In dieser Zeit durchsuchte ich die Profile von sechzig Menschen; davon entsprachen vierzehn Personen meinen Suchkriterien, vier Männer, zehn Frauen. Deren Profile wertete ich aus und bin erneut ernüchtert. Denn eine Anstellung, die vollständig affin zu ihrem geisteswissenschaftlichen Studienfach ist, haben von diesen vierzehn Personen: null. 0. Es ist auch keine/r von ihnen im öffentlichen Dienst beschäftigt.

Aber es lässt sich durchaus Affinität erkennen, wenn wir die fachwissenschaftliche Kontinuität nicht als alleiniges Kriterium anlegen. Fünf Personen nämlich fanden eine Anstellung, für die ihr Studienfach in Kombination mit einem anderen Faktor ein stimmiges Profil bildet: Weiterbildungen auf die aktuelle Tätigkeit hin (Zusatzzertifikate, berufsbegleitender Master), Fremdsprachenkompetenzen, vorausgehende studentische Tätigkeit im Unternehmen.  

Ebenfalls hohe Fachaffinität weisen zwei der drei Selbstständigen auf. Sie bieten Dienstleistungen mit eindeutig fachlichen Bezügen an, etwa Ahnenforschung/Erbenermittlung. Zwei weitere Personen sind in Nebentätigkeit selbstständig, ebenfalls fachaffin. Zwei Personen nutzten die Selbstständigkeit als Berufseinstieg; eine davon ist mittlerweile als Angestellte tätig.

Drei Personen absolvierten vor oder nach dem BA-Studium eine kaufmännische oder IT-Ausbildung. Alle drei sind in jenem Kontext geblieben oder dorthin zurückgekehrt. Zwei Personen entwickelten ihre aktuelle Position aus fachfremden Studierendenjobs heraus, z.B. im Einzelhandel. In einem Fall mag ich den Werdegang nicht deuten, weil sehr heterogene Tätigkeiten, Positionen und Weiterbildungen genannt wurden.

Folgende Berufe und Positionen haben die Absolvent*innen;  manche von ihnen geben mehr als eine Berufsbezeichnung an (die Geschlechtsbezeichnungen sind willkürlich gewählt):

Nichts davon überrascht wirklich. Aber die sehr offenen Bezeichnungen Consultant, Coach oder Projektmanager mögen es aktuellen Studierenden erschweren, daraus einen konkreten Werdegang, klare Karriereschritte oder einen stimmigen Entwurf für die spätere Berufstätigkeit zu entwickeln.

Wir sind natürlich auf Ihre Erfahrungen gespannt. Wie ist es Ihnen nach dem BA ergangen? Und welche Ideen haben Sie für einen bessere Orientierung und Vorbereitung?

Material, Studien und Informationen zum Berufseinstieg mit Bachelorabschluss beim IAB: Alle Türen offen? Bachelor und Master auf dem Arbeitsmarkt.

Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.
Menü