von Christina Wiemann
„Und was machen Sie so beruflich? Ahh, Radiomoderator, wie aufregend!“-Diese Gedanken werden sicherlich viele mit dem Beruf Radiomoderator verbinden. Die Vorstellung eines aufregenden Lebens, in dem man Politiker und Prominente trifft. Ein Leben am Puls der Zeit, immer up to dateund dann in entspannter Atmosphäre und mit viel Humor im Radio darüber plaudern. Doch der Faktencheck wirft die Gedanken über das glamouröse Moderatorenleben schnell über den HaufenProfessionell Radio machen ist viel mehr als die bloße nette Quatscherei, die wir als Hörer*innen mitbekommen. Dank Technisierung und rasanter Medienentwicklung kann sich mittlerweile jeder privat an der Kunst des Radiomachens, an eigenen Internetradios oder Podcasts versuchen, um seine Meinung und Ansichten über den Äther zu bringen. Dies bedeutet im Umkehrschluss aber auch eine ungeheure Vielfalt von Radio, die hieraus entsteht und damit eine Veränderung des Berufsbilds.
Warum ist gerade das Radio eine interessante Arbeitswelt für Kulturwissenschaftler*innen? Schaut man sich mal die Biographien bekannter deutscher Radiomoderatoren an, so wird deutlich, dass viele von ihnen ein kulturwissenschaftliches Fach studiert haben, sowohl im Jugendradio 1LIVE, aber auch in Mischformaten, wie WDR2, bei Lokalradios oder bei Spartensendern. Für mich als Bloggerin von Brotgelehrte stellen sich hier natürlich die Fragen: Was ist das Interessante für Kulturwissenschaftler*innen in der Arbeitswelt Radio? Wie geht der berufliche Einstieg, und wie verändert sich das Metier durch die fortschreitende Entwicklung von Technik und Internet?
Es gibt keinen Königsweg. Gerade im Radio findet man viele Quereinsteiger aus anderen Medienberufen oder journalistischen Tätigkeiten, die den Weg ans Mikrofon geschafft haben. Hier bedarf es zunächst einmal vieler Erfahrung und Referenzen im Radio oder Journalismus, quasi eine Praktikums- und freie Mitarbeiterkarriere. Weiterhin sollte man jede Möglichkeit zur Weiterbildung, vor allem auch zum Stimmtraining nutzen, denn obwohl Radio nicht nur das bloße Reden am Mikrofon ist, ist gerade die Stimme das, womit man seine Hörer in seinen Bann ziehen kann und eine Verbindung mit ihnen eingehen kann – und Wiedererkennung sichert. Hat man diesen Schritt geschafft, sollte man versuchen, den Einstieg mit einem betriebsorientierten Praktikum zu schaffen. Es gilt nun, das Praktikum gut zu nutzen und sich einzubringen, mit Ideen oder Themenvorschlägen, um dann den Sprung ins Volontariat zu schaffen, der 18- bis 24 monatigen Ausbildung, um anschließend Redakteur*in zu werden. Hier beschäftigt man sich mit der Sammlung und Ausarbeitung von Inhalten, die dann durch den Moderator präsentiert werden. Überzeugt man dann bei Probeaufnahmen und mit seiner sonstigen Arbeit, hat man es geschafft und ist Radiomoderator*in.
Was bringen Kulturwissenschaftler*innen dafür mit? Gerade für sie eignet sich dieses Arbeitsgebiet, denn für einen Moderator ist es wichtig, dass man gut mit Sprache und Text umgehen kann, allgemein gebildet ist und Fachkenntnisse in einem bestimmten Bereich hat.
Einer der bekanntesten und beliebtesten Sender Nordrhein-Westfalens ist der Sender 1LIVE. Obwohl er zum WDR gehört, unterscheidet sich die Art der Moderation von der anderer Sender. Dies hat verschiedene Gründe. 1LIVE ist entstanden aus dem ehemaligen WDR1, ein Sender, dessen Zielgruppe jüngere Menschen sein sollten. Doch im Wettbewerb mit den in den 90er Jahren aufkommenden privaten Radiostationen entschied man sich, das Format den privaten Sendern anzupassen. Hier merkt man sofort, dass das Programm stark mit den Moderatoren verbunden ist, da sie untrennbar mit bestimmten Tageszeiten verbunden sind. So steht hier stärker die Person im Vordergrund, als Inhalte. Comedy und Events führen weg vom klassischen Journalismus
Betrachtet man hingegeben WDR2, so wird deutlich, dass sich Wort- und Musikanteil fast gleich (40/60). WDR2 bezeichnet sich selbst als Informationswelle, also ein Sender, in dem man schnell die neuesten Infos bekommen kann, aber auch Musik finden kann, was sich in dem Slogan zeigt „Infos, die ich brauche, Musik, die ich mag.“ Im Gegensatz zu 1LIVE ist der Fokus auf die Moderatoren geringer, und Beiträge anderer Sprecher werden eingespielt. Außerdem bedient WDR2 verschiedene Interessen vom historischen Format „Zeitzeichen“ bis zur Bundesliga-Übertragung oder Call-in-Sendungen.
Neben einem generalistischem Ansatz gibt es auch Radioprogramme, die sich bestimmten Themen und Zielgruppen widmen, sogenannte Spartenradios. Beispielhaft sind hier Deutschlandfunk oder WDR 5 zu nennen, die ihren Schwerpunkt auf werbefreien Inhalten mit Informationen und Kultur legen. Themen, die eigentlich prädestiniert für Kulturwissenschaftler erscheinen, deshalb wollen wir einen Blick wagen, ob sich im Spartenradio auch vermehrt Kulturwissenschaftler*innen finden.
Ein kurzer Blick in die Biographien einiger Mitarbeiter, nicht nur der Moderator*innen zeigt: Viele von ihnen haben ein kulturwissenschaftliches Fach studiert und sind durch Zufall oder Umwege schließlich beim Radio gelandet. Bei manchen Redakteuren finden sich hier Verbindungen zum Studienfach. So arbeiten in der Musikredaktion auch Musikwissenschaftler oder in dem Format „Zeitzeichen“ Historiker*innen.
Vergleicht man hier explizite Kulturformate mit allgemeinen Programmen, fällt auf, dass im Spartenradio die Person des Moderators viel mehr in den Hintergrund rückt und die Inhalte, die Redaktion und Autorschaft im Vordergrund stehen.
Ausblick: Neben den klassischen Radiosendern bieten natürlich auch noch Internetradios oder Podcasts interessante Möglichkeiten, über Themen, die einen interessieren und bewegen, zu sprechen. Hierzu ist nur etwas technisches Geschick, ein Mikro und verfügbares Internet nötig. Aber das ist ein Thema für einen eigenen Blogbeitrag.
Das Radio ist ein Feld, das viele Arbeitsmöglichkeiten aufgrund der verschiedenen Ausrichtungen der Moderationen und der Sender für Kulturwissenschaftler*innen bietet. Also: Ihr arbeitet gerne journalistisch, könnt Leute begeistern und zieht alle mit eurer Stimme in den Bann? Dann bewerbt euch doch mal für ein Praktikum beim Radio. Oder findet in einem ersten Schritt heraus, welche Radiosender am Studienstandort sind, falls Ihr nicht in einer der Medienmetropolen studiert.
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